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Rose_gelb„Was ihr geschaffen habt, gefällt mir sehr“, sagte ich, „ihr macht viel selber hier, oder?“

„Ja, aber wir bekommen auch oftmals Hilfe, die wir nicht bezahlen müssen. Manche Menschen die zu uns kommen wegen Massage, Reiki, Seminaren oder Gesprächen… bezahlen nicht mit Geld sondern helfen uns beim Tapezieren oder mauern, oder was sie gerade gut können. Andere haben irgendwelche Materialien die sie nicht mehr brauchen, wir aber dringend benötigen. Wenn man fragt ist das oft überhaupt keine Problem. Wir helfen uns damit gegenseitig.“

„Ihr habt euch viele Gedanken darum gemacht, nicht wahr?“, fragte ich und als ich sie ansah und mich ihre Augen trafen sah ich verlegen zur Seite.

„Die Idee stammt von David, Samira und Maria. Kristin und ich haben dann unsere Gedanken und Vorschläge nach und nach mit eingebracht. Und andere Ideen sind uns erst jetzt gekommen, seit wir hier leben. Es gibt auch noch viele, die wir verwirklichen wollen.“

„Und welche?“

„Unser nächstes Projekt ist eine Kreativwerkstatt, die wir in unserem Schuppen einrichten wollen, den du sicher bemerkt hast.“ Als ich nickte fuhr sie fort: „Wir nehmen uns hier alle sehr viel Zeit für uns und unsere Gemeinschaft. Das heißt auch, dass wir viel Zeit miteinander verbringen. Wir spielen viel, meditieren oft gemeinsam und malen und basteln alle sehr gerne. Im Schuppen wollen wir Raum schaffen um mit den unterschiedlichsten Dingen kreativ zu arbeiten. Zum Beispiel kennen wir eine gute Keramikerin, die sich bereits dafür interessiert, und dann gibt es noch so unendlich viele Dinge – Windows Color, Seidenmalerei, Serviettentechnik und, und und. Manches besitzen wir selber, aber wir können dann auch Leute zu uns einladen, die vielleicht mit ganz anderen Dingen kreativ sind. Wir können uns nicht alles nur zum Ausprobieren kaufen, um dann vielleicht festzustellen, dass es uns keinen Spaß macht oder zu teuer wird. Aber so müssen wir nur ein paar Menschen finden, die eine bestimmte Technik recht gut beherrschen und die bereit sind, uns diese Technik an einem oder mehreren Abenden zu zeigen. Wir holen sie dann ab und sie können sich nebenbei auch ein paar Euro verdienen, womit wir ihnen ihren Aufwand bezahlen. Und wenn sich viele Interessenten finden, dann lohnt es sich für alle.“

Janine hatte sich in Eifer geredet und ganz rote Wangen bekommen, die ihr ausgesprochen gut standen. „Du engagierst dich dafür ziemlich stark, ist das deine Idee?“

Sie schüttelte den Kopf. „Die Idee ist von Kristin. Sie hatte aber nicht den Mut dazu, dafür richtig aktiv zu werden. Erst als ich mich dazu bereit erklärt habe, ihr dabei zu helfen, sprühte sie nur so vor Ideen. Wichtig ist uns vor allem, dass es uns Vergnügen bereitet und nicht in Stress ausartet“, fuhr Janine fort.

„Ihr macht wirklich sehr viel und ich finde das, was du mir jetzt erzählt hast ganz toll.“ Wieder spürte ich eine unerklärliche Wärme in mir als sie mich ansah.

„Und, hast du Lust bekommen, bei uns eine Zeitlang zu wohnen.“ Sie sah mich erwartungsvoll und fast ein wenig bittend an. Wie um die Wichtigkeit der Frage für sie zu unterstreichen legte sie mir ihre Hand auf meinen Arm, und ich war von der Wärme, die von ihr ausging, überrascht.

Auch ich legte meine freie Hand auf ihre und streichelte sie vorsichtig. „Du bist auch so warm wie eine Sonne“, sagte ich leise und sah sie offen an. „Ja, ich möchte euch alle hier kennen lernen.“
Nach einer kurzen Pause, in der nur unser Atem zu hören war, sagte ich noch leiser: „Und ich möchte dich kennen lernen.“ Ich drückte sanft ihre Hand. „Ich habe in etwa drei Wochen Urlaub. Da ich für die Zeit keine Reise oder etwas anderes geplant habe“, ich stockte kurz, „kann ich einige Zeit davon hier Urlaub machen?“

„Du bist herzlich willkommen in unserer Gemeinschaft.“ Janine löste ihre Hände aus meinen und stand auf. „Ich schicke dir eine Anmeldung per Fax. Die füllst du aus und schickst sie zurück. Mit dem Termin solltest du dich aber ziemlich genau festlegen.“

Ich sah sie fragend an. „Muss ich mich ganz genau festlegen wie lange ich bleiben möchte?“, fragte ich erschrocken.
„Ja, schon.“ Und nach einer Pause meinte sie schmunzelnd: „Du kannst deinen Aufenthalt hier aber auch beliebig verlängern.“

Wir mussten beide lachen.

Ich sah auf die Uhr. „Ich glaube ich muss jetzt gehen“, sagte ich, „ich treffe mich nachher mit einer Freundin und der muss ich gleich von euch erzählen.“

„Warte, ich begleite dich noch zum Auto“, sagte Janine und ich genoss es, von ihr geschoben zu werden.

Ich hatte die Autotür schon offen, als sich erneut neben mich hockte und mich ansah. „Ich freue mich Jan, dass du heute hier warst.“

„Darüber bin ich selber froh.“ Mir schien ein Kloß im Hals zu stecken. „Du gefällst mir sehr“, hörte ich mich reden und erkannte mich dabei kaum wieder, „es ist schön deine…“, ich suchte nach einem Wort und sie ergänzte mich: „deine Sonne zu spüren, Jan“.

Sie sah mich zärtlich an und plötzlich fühlte ich, wie sich ihre Arme um meinen Hals legten, ihr Gesicht kam mir ganz nahe und sie flüsterte mir ins Ohr : „Findest du nicht, dass drei Wochen bis zum Wiedersehen viel zu lange sind?“

Ich flüsterte genauso leise zurück: „Ich hätte am Samstag Zeit.“

„Wirklich?“ Sie sah mich strahlend an. „Kommst du mich dann wieder hier besuchen?“

Weg mit Sonne„Sehr gerne.“ Ich umarmte sie ebenfalls und streichelte sanft ihren Rücken. „Wenn du es möchtest?“ Ich wagte kaum zu atmen vor Aufregung.

„Warum fragst du? Du weißt doch, dass ich es mir wünsche.“

Wir hielten uns noch lange in den Armen, ehe ich ins Auto einstieg, meinen Rollstuhl verstaute und langsam los fuhr.

Ich sah Janine winken, bis hinter einer Kurve das Haus aus meinem Spiegel verschwand. Die Sonne vor mir blendete mich, und bei ihrem Anblick wurde mir auch ums Herz sehr warm…

ENDE

Noch ein paar Gedanken…

Diese Vision ist nicht neu, sie entstand etwa im Jahr 2002. Dennoch fasziniert mich die Idee einer liebevollen Wohngemeinschaft immer noch – oder besser gesagt: schon wieder.
Ich könnte mir gut vorstellen in einer solchen oder ähnlichen Gemeinschaft zu leben, und deswegen dachte ich, dass es keineswegs schaden kann, dem Himmel zu zeigen, dass mein Interesse immer noch besteht 🙂